Gratis oder mit Preis? Das ist abhängig von deinen Zielen
Shownotes
Welche Rolle spielen Gratis-Angebote für Dein Unternehmen? Und wenn die Zeiten wirtschaftlich eng werden? Was machst Du dann? Ist man dann als Unternehmer nicht geradezu verpflichtet, anderen auch mal für umsonst zu helfen? Oder sollte man dann gerade auf seine Umsätze achten?
Es gibt keine einfache Antwort. Gratis-Angebote haben ihre Berechtigung. Sie haben aber auch ihre Grenzen.
Deswegen untersuchen wir in diesem Podcast das Thema Gratis-Angebote aus verschiedenen Blickwinkeln. Denn die richtige Antwort hängt auch davon ab, was Du damit erreichen willst.
Vertiefende Informationen zum Thema Gratis-Angebote:
- Kann ich auch zu viel Gratis-Content herausgeben? So beurteilst Du die Risiken
Der Freebie-Jäger mit der Gratis-Mentalität – Verscheuchen oder Hereinlassen? - Lead Magnets – Geniale Marketingstrategie oder unethisches Angebot
- „Ich schenke Dir mein Buch“ – Was hat es mit den Gratis-Büchern auf sich?
Transkript
Falls Du diesen Beitrag später als Archivepisode liest: Es ist März 2020, wir stecken mitten in der Corona-Krise und viele Menschen bangen um ihre wirtschaftliche Existenz – Angestellte genauso wie Selbständige und Solo-Unternehmer.
Das zum Hintergrund. Aber meine Aussagen zum Thema Gratis-Angebote sind allgemeingültig.
Ich möchte hier – aus aktuellem Anlass – etwas Grundsätzliches klären:
Wann machen Gratisangebote Sinn und wann nicht?
Wo ist die Grenze?
Wofür darf man überhaupt Geld verlangen? Moralisch gesehen.
Was kann ich anbieten und zu welchem Preis?
Ich bin viel online unterwegs und sehe jetzt während der Corona-Krise vor allem zwei Dinge, die beide sehr positiv sind:
Ich sehe erstmal eine Welle der Hilfsbereitschaft. Menschen vernetzen sich, helfen sich schnell und einfach so. Es entstehen neue Orte für Austausch und Unterstützung. Man empfiehlt sich gegenseitig weiter.
Es ist toll, diesen Zusammenhalt zu sehen.
Ich sehe auch, dass wir alle versuchen, aus der Krise eine Chance zu machen. Die Frage Was kann ich jetzt anbieten? Was kann ich, was die Leute gerade brauchen? ist allgegenwärtig. Und es entsteht auch ganz viel daraus.
Auch das ist richtig. Hoffen, dass alles irgendwie wieder gut wird war noch nie eine gute Strategie.
Diese Frage „Was kann ich jetzt anbieten?“ hat aber mehrere Seiten, nicht mal nur zwei.
Je nachdem, welche Seite dominiert, so ändert sich auch die Preisfrage.
Ich gehe das jetzt mal durch und sage immer, welche Preisstrategie sinnvoll ist.
Gratis-Angebote oder mit Preisschild – Die Entscheidung hängt von der Ausgangssituation ab
Helfen wollen
Die eine Seite ist die Hilfsbereitschaft. Da lautet die Frage eigentlich „Wie kann ich jetzt helfen?“. Das spricht natürlich ganz stark für Gratis-Angebote. Hilfe sollte schließlich so sein, dass sie sich jeder leisten kann.
Es spricht auch ganz vieles dafür, anderen einfach mal unkompliziert und ohne Preisschild dran zu helfen. Nicht nur in wirtschaftlich schwierigen Zeiten.
Punkt 1 ist einfach: Helfen ist etwas Gutes und es fühlt sich gut an. Wenn Du dazu die Zeit und die Ressourcen und die Möglichkeiten hast, dann mach das.
Einer meiner Grundsätze ist ja Gutes kommt zurück. Auch und gerade, wenn man keine direkte Gegenleistung erwartet.
Punkt 2 ist die ganz nüchterne betriebswirtschaftliche Sicht: Da sind wir beim Thema Contentmarketing und E-Mail-Listen füllen mit Freebies. Alles, was Du gratis herausgibst ist eine niedrigschwellige Kontaktmöglichkeit für jemanden, der oder die Dich bisher noch nicht kannte. Du hast wieder eine neue Chance auf etwas mehr Reichweite, Sichtbarkeit und Bekanntheit.
Deshalb ist ein gewisses Maß an Gratis-Angeboten zu jeder Zeit eine gute Strategie. Du ermöglichst es Menschen, Dich kennenzulernen und sich ein Bild von Deinen Erfahrungen oder Deiner Arbeitsweise zu machen. Dabei nimmst Du den Preis als ein wahrgenommenes Risiko aus der Gleichung.
Aber das ist auch schon der Knackpunkt: Ein gewisses Maß.
Es gibt auch gute Gründe, warum Du selbst eine gut gemeinte Hilfsbereitschaft nicht nur auf Gratis-Angebote stützen solltest:
- Du kannst anderen nur helfen, wenn es Dir selbst gut geht. Das gilt für Deine Finanzen, Deine Zeit und Deine Kraft. Wenn Du Dich da übernimmst, hilfst Du gar keinem mehr.
- Nicht jede gut gemeinte Hilfe hilft wirklich. Wer sich nur durch reihenweise kostenlose Tutorials, Workshops, Online-Meetings, Schulungen, usw. arbeitet, ist zum Schluss wahrscheinlich komplett paralysiert.
Das Problem an den Gratis-Angeboten ist nämlich, dass sie nie so weit gehen können, dass sie auch bei der Umsetzung begleiten.
Mit zu vielen kostenfreien Angeboten halten wir alle als Unternehmer kollektiv die Menschen in der Konsumphase fest. Man kommt aber nicht vorwärts, wenn man nicht irgendwann anfängt auch was zu tun um umzusetzen.
An dem Punkt kippt die Hilfe und wird zur Bremse.
Geld verdienen oder Gratis-Angebot?
Kommen wir zur zweiten Seite der Frage „Was kann ich jetzt anbieten?“
Hier lautet die eigentliche Bedeutung „Womit kann ich jetzt Geld verdienen?“
Das ist auch wichtig. Denn – wie gesagt – wenn Du selbst kein Geld verdienst, kannst Du auch niemandem mehr helfen. Auch und gerade in einer Krise musst Du selbst etwas verkaufen, um im Spiel zu bleiben.
Damit ergibt sich von selbst, dass kostenfreie Angebote wirklich nur ein kleiner Teil in Deinem Portfolio sein sollten.
Natürlich spielen kostenlose Kennenlernangebote immer eine Rolle. Aber Du darfst nie vergessen, Deine Leistung hat einen Wert. Du bringst Deine Kunden an einen Punkt, den sie ohne Dich nicht erreicht hätten. Das sollte ihnen einen Euro-Betrag wert sein. Ende.
Wenn Du für Deine Kunden wirklich Ergebnisse erreichen willst, dann wirst Du das kaum mit einem einzelnen Zoom-Call oder einem einstündigen Webinar erreichen.
Du bist kein staatliches Konjunkturprogramm. Du bist Unternehmer. Und Du willst ja auch niemanden zu einer Gratis-Mentalität erziehen. Ich sage nur Praktiker-Debakel. Biete 20% auf alles außer Tiernahrung und Du wirst nie wieder etwas zum vollen Preis verkaufen. Im Extremfall.
Darf man dafür Geld verlangen? Die moralische Seite
An der Stelle spielt in Zeiten einer Wirtschaftskrise noch eine moralische Komponente mit rein. Das ist die nächste Seite der Frage „Was kann ich jetzt anbieten?“
Die lautet: Ist es überhaupt in Ordnung, jetzt spezielle Angebote aus dem Boden zu stampfen? Darf man in so einer Situation überhaupt Geld dafür nehmen? Darf man mit der Not anderer Geld verdienen?
Es ist gut, dass wir alle noch diesen moralischen Kompass haben.
Wie gesagt, wenn Du helfen willst und kannst, dann tu das bitte. Du tust etwas Gutes.
Aber fühle Dich nicht verpflichtet, für nichts mehr Geld zu nehmen.
Das hatte ich doch auch schon gesagt – Du bist Unternehmer und kannst anderen nur helfen, wenn Du selbst Geld verdienst.
Also ja, verdammt nochmal. Wenn Du in Deinem Geschäftsfeld aus einer Krise heraus einen neuen Bedarf entdeckst, dann biete eine Lösung dazu an. Da sind Menschen, die jetzt irgendetwas brauchen. Nochmal, das ist nicht alles gratis machbar. Die meisten Lösungen sind dafür zu aufwändig. Wenn Du Deine Lösung aus moralischen Bedenken nicht anbietest, dann sitzen die Menschen auf ihrem ungelösten Problem. Das bringt doch auch nichts.
Wenn Du auf eine aktuelle Situation reagierst und ein passendes Angebot zu einem fairen Preis rausbringst, dann ist das in Ordnung. Keine Veranlassung, sich als Krisengewinnler zu sehen.
Fühl Dich nicht aus moralischen Bedenken heraus verpflichtet, etwas gratis anzubieten, für das Du eigentlich Geld nehmen müsstest.
Fehlende Zahlungsbereitschaft als Grund für Gratis-Angebote?
Und dann hat die Frage „Was kann ich jetzt anbieten?“ in Kombination mit der Preisfrage noch eine Seite:
Wofür zahlt mir überhaupt jemand Geld? In der Krise oder auch in guten Zeiten.
Ist dieses konkrete Angebot von mir etwas, wofür jemand seine Kreditkarte auf den Tisch legt?
Tja, da hilft nur testen. Ich habe auch schon Ladenhüter produziert.
Ich empfehle sowieso bei jeder Zielgruppenanalyse und bei jeder Produktidee, ganz genau auf die Zahlungsbereitschaft zu schauen:
- Wie groß ist der Schmerz?
- Wie groß ist die Bereitschaft, sich mit einer nicht ganz so tollen Lösung zum Nulltarif zufrieden zu geben?
- Gibt es da überhaupt solche Nulltarif-Workarounds?
In wirtschaftlich schwierigen Zeiten wird diese Einschätzung natürlich etwas anders ausfallen. Es ist klar, dass den Leuten das Geld nicht so locker sitzt. Prioritäten verschieben sich.
Das heißt aber noch lange nicht, dass Du gleich alles nur noch gratis loswirst.
Wenn Du an der Stelle mit der Zahlungsbereitschaft Bedenken hast, Dann solltest Du mal überlegen, wie Du mit den Formaten und Preismodellen etwas variieren kannst. Hier mal ein paar Anregungen:
- Kannst Du ein größeres Angebot in kleinere einzeln buchbare Module zerlegen, die dann natürlich preiswerter wären?
- Kannst Du das Format ändern? Ein Gruppenprogramm kann man preiswerter anbieten als das gleiche in der Einzel-Version. Und der Austausch in der Gruppe ist meistens noch ein Mehrwert.
- Einmalzahlung oder Abo-Modell? Auf was lassen sich die Menschen aktuell eher ein? Wie kannst Du da durch andere Preismodelle oder Kündigungsfristen die Hemmschwelle senken?
- Ich bin auch immer ein Fan von niedrigpreisigen Einsteiger-Produkten. Da ist der Preis teilweise eher eine Schutzgebühr oder eine Ernsthaftigkeits-Gebühr. Weil ganz kostenlose Sachen ja oft nur runtergeladen, aber nie angesehen werden.
Mit solchen kleinen Angeboten kannst Du sehr gut das Wasser testen, ob da überhaupt ein Bedarf da ist.
Allgemeine Empfehlungen zur Frage Gratis-Angebote Ja oder Nein?
Du siehst, die Frage Gratis-Angebot oder doch lieber ein Preisschild dranhängen ist mal wieder kein klares Ja oder Nein.
In jedem Fall – ob Krise oder nicht – sind das meine Empfehlungen:
Gratis-Angebote haben ihren berechtigten Platz in einer guten Produktpalette. Die helfen schnell und unkompliziert und ermöglichen Deiner Zielgruppe, Dich besser kennenzulernen.
Du wirst aber niemandem nur mit kostenfreien Lösungen so richtig komplett helfen können. Es sei denn, Du bist ein gemeinnütziger Verein.
Und selbst dann: Überleg mal, wie oft Du schon ein echtes Problem nur mit kostenfreien Goodies gelöst hast – egal ob nun dauerhaft abnehmen, eine Sprache oder eine neue Fähigkeit lernen oder von A nach B kommen. Da gibt es Grenzen. Entweder ist das Problem größer als es eine kostenfreie Lösung je sein kann, oder Du nimmst diese Lösung nicht ernst genug – weil Du ja kein Geld verlierst, wenn Du sie doch nicht nutzt.
Als Unternehmer darfst und musst Du auch Geld für Deine Leistung verlangen. Nur so kannst Du Dich wirklich um eine funktionierende Lösung kümmern. Und nur so wirst Du morgen auch noch dem nächsten Kunden helfen können.
Deshalb bringt das auch nicht allzu viel, aus irgendeiner wirtschaftlichen Situation oder auch aus einer persönlichen Gefühlslage heraus jetzt ganz viel kostenlos rauszugeben. Das hat seine Grenzen.
Wenn Du wirklich das Gefühl hast, für irgendetwas nicht viel Geld nehmen zu können, dann schau, dass Du über andere Formate, Preismodelle und solche Sachen eine Lösung findest, die Dir und dem Kunden gerecht wird.
Aber denke bitte nicht, nur weil gerade irgendeine Krise durchs Land oder auch nur durch Deine Branche läuft, musst Du alles gratis raushauen.
Gratis-Angebote haben ihre Berechtigung. Sie haben aber auch ihre Grenzen.
Wie ist Deine Produkt- und Preis-Strategie? Wieviel gibst Du gratis heraus?
Ich bin Dagmar Recklies und ich unterstütze Selbständige und Solo-UnternehmerInnen dabei, die richtigen Menschen mit den richtigen Angeboten und Botschaften zu erreichen.
Das heißt, ich helfe Dir Deine Positionierung zu entwickeln:
- Wer ist Deine Zielgruppe? Was sind das für Menschen? Wie erreichst Du sie am besten?
- Wofür willst Du bekannt sein? (d.h. wie breit oder spitz stellst Du Dich am besten auf?)
- Warum soll jemand gerade bei Dir kaufen?
- Wofür stehst Du?
- Wie wirst Du interessant, einprägsam und wiedererkennbar?
- und vieles mehr
Weil eine Positionierung allein nichts nützt, schaue ich immer auch auf Dein Marketing, deine Sichtbarkeit und Deine Angebote.
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