Expertenstatus zwischen abgenutztem Begriff und positiver Bedeutung
Shownotes
Musst Du Dich unbedingt als Experte positionieren?
Ist das überhaupt noch eine gute Idee oder ist der Begriff nicht schon viel zu verbrannt?
Es gibt mittlerweile viel Verunsicherung rund um den Expertenstatus. Einerseits ist die Positionierung als Experte immer noch eine wichtige Strategie für viele UnternehmerInnen. Andererseits möchte man nichts mit Blendern und Aufschneidern gemeinsam haben.
Wenn es um Positionierung und Personal Branding über Fachwissen und Erfahrung geht, dann sollte man die inhaltliche Bedeutung des Wortes „Experte“ gedanklich von dem etwas verbrannten Begriff trennen. Es kommt mehr auf den Inhalt Deiner Positionierung an, als auf das Label, mit dem Du Dich bezeichnest.
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Transkript
Experte sein: Das Dilemma zwischen erwünschtem Status und verbranntem Begriff
Der Begriff oder gar die Berufsbezeichnung „Experte“ hat es heute nicht leicht.
Er wird viel benutzt, manchmal auch missbraucht, und deshalb haben viele Leute regelrecht einen Beißreflex entwickelt. Sobald der Begriff „Experte“ fällt, sind sie in Abwehrstellung und bereit zuzuschnappen.
Das kann ich auch verstehen. Es gibt heute unzählige Experten für so ziemlich alles. Leider hat nicht jeder der sich so nennt auch wirklich Expertise. Einige scheinen eher Experten für besonders laute Selbstvermarktung zu sein. Immerhin, das können sie richtig gut.
Solche Typen kommen auch bei vielen Menschen nicht gut an. Sie geben dem eigentlich positiven Begriff dann ein schlechtes Image.
Oder wie es in der Fernsehserie Stargate SG1 die Figur Teal`c sagte:
„Die Schlechten verderben es für die Guten.“
Fakt ist, dass der Begriff „Experte“ regelrecht etwas verbrannt ist. Daher kommt das Folgeproblem. Es gibt ja auch den weit verbreiteten Rat, gerade für Solo-Unternehmer: „Positioniere Dich als Experte!“
Ja was denn nun? Einerseits möchte man als jemand bekannt sein, der auf seinem Gebiet so richtig fit und erfahren ist – was ein Experte ist. Aber mit diesen ganzen Blendern in einen Topf geworfen werden, das will ja auch keiner.
Das Ergebnis sind verunsicherte Unternehmer, die gern den Status eines Experten hätten, sich aber nicht an den Begriff herantrauen.
Für Euch, liebe „Eigentlich schon – aber dann lieber doch nicht – Experten“ mache ich diese Episode.
Der Expertenstatus zwischen Inhalt und Begriff
Um uns der Frage „Will ich nun eigentlich Experte sein oder doch lieber nicht?“ zu nähern, müssen wir erst einmal trennen zwischen dem Begriff und seiner Bedeutung.
Was bedeutet es denn, „Experte“ zu sein?
Ja, heute hat dieser Begriff leider auch eine negative Bedeutung. Man kann jeden Begriff missbrauchen und negativ aufladen. Das ist hier leider passiert. Und bei vielen Empfängern – sprich: Menschen in Deiner und meiner Zielgruppe – hat sich die negative Bedeutung des Aufschneiders leider vor die ursprüngliche geschoben.
Aber was bedeutet „Experte sein“ denn eigentlich?
„Experte (auch Fach- oder Sachkundiger oder Spezialist) ist eine Person, die über überdurchschnittlich umfangreiches Wissen auf einem Fachgebiet oder mehreren bestimmten Sacherschließungen oder über spezielle Fähigkeiten verfügt. Neben dem theoretischen Wissen kann dessen kompetente Anwendung, also praktisches Handlungswissen, für einen Experten kennzeichnend sein.“
Der Duden definiert einen Experten als „Sachverständiger, Fachmann, Kenner“ und listet dann noch eine ganze Liste an Synonymen auf, bis hin zur Koryphäe.
Also ich denke, das ist hier klar: Experte im eigentlichen Wortsinn steht für jemanden, der richtig Ahnung hat und sich auf seinem Gebiet besser auskennt, als die meisten anderen. Damit ist er dann auch in der Lage, den anderen auf seinem Fachgebiet handfeste Hilfe zu leisten.
Da sind wir uns sicher einig: Das ist eine positive Bedeutung.
Aus genau dieser Bedeutung kommt ja auch die Empfehlung, sich als Experte zu positionieren. Dieser Begriff fasst quasi Dein gesamtes Fachwissen, Deine Berufs- und Praxiserfahrung und alle Deine Fähigkeiten in einem Wort zusammen.
Diese Bedeutung – das ist jemand, der oder die so richtig, richtig viel Ahnung hat – die ist wichtig für den Vertrauensaufbau.
Gerade im Bereich der Coaches, Trainer und Berater wollen die Kunden ja nicht 5 Versuche starten bis sie den einen gefunden haben, der ihnen wirklich weiterhilft. Im Grunde ist das sogar überall so. Ich gehe auch lieber zu einem Schuhmacher von dem ich weiß, dass er auch an der kniffeligen Stelle eine saubere und stabile Naht hinbekommt.
Das heißt, diese Botschaft – Du hast richtig Ahnung und Erfahrung auf Deinem Gebiet, Du bist so gut, dass man beruhigt zu Dir kommen kann – die musst Du in Deinem Selbstmarketing unbedingt transportieren. Die muss fester Bestandteil Deiner Personenmarke und Deiner Positionierung sein.
Das steht außer Zweifel.
Es geht doch auch niemand zu einem nur so mittel erfahrenen Zahnarzt.
Ob Du diese Botschaft von Deinem Fachwissen nun mit dem Begriff „Experte“ transportierst, oder mit einem anderen, das ist eine ganz andere Frage.
„Experte“ ist nur ein Begriff – einer von vielen
Das Wort „Experte“ ist an der Stelle erstmal nur ein Begriff, ein Label, das Du vorne an ein Bündel Eigenschaften dranklebst.
Dieser Begriff ist leider, wie ich schon gesagt habe, inzwischen etwas verbraucht, um nicht zu sagen verbrannt. Deswegen schrecken auch viele davor zurück, sich mit diesem Wort zu verbinden.
Das Wort „Experte“ hat quasi seine Eindeutigkeit verloren. Früher war es eindeutig positiv besetzt. Heute kann es auch für einen „Möchtegern“ stehen. Und Labels über die wir uns positionieren sollten möglichst eindeutig sein.
Daher kommt das Problem.
Die Lösung suchen dann viele in anderen Begriffen. Auswahl ist da. Wie gesagt, der Duden listet allein 16 Synonyme auf (männliche und weibliche Formen mal als eines gezählt).
Im Bereich der Speaker und Autoren sehr beliebt ist der Begriff „Vordenker“ oder gleich das englische „Thought Leader“. Das ist vom Wortsinn her auch positiv zu sehen. Es wird aber leider auch schon inflationär gebraucht und ist dadurch auch schon arg in die Nähe zum sprachlichen Heißluftballon gerutscht.
Das ist das wahrgenommene Risiko an den gängigen Begriffen. Sie verbrauchen sich immer schneller. Selbst wenn sie heute positiv besetzt sind, kannst Du nie ganz sicher sein, dass nicht morgen ein Trupp von Menschen mit nicht ganz so viel Expertise daherkommt und Dir Deinen schönen Status mal eben kaputt macht.
Deshalb flüchten sich viele in selbst ausgedachte Begriffe. Die schaffen sich quasi ihre eigene Kategorie. Da gibt es dann Rebellen, Helden, Mutmacher und noch einige mehr.
Das ist durchaus ein Weg. Wenn Du Dich mit dem Begriff wohlfühlst und wenn er bei Deiner Zielgruppe positiv besetzt ist, dann ist das super. Ich bezeichne mich ja auch gerne mal als „geistiger Sparringspartner“ oder als „Anstubser“.
Das Risiko dabei ist nur, dass Du auf der Suche nach einem wirklich einzigartigen Begriff zu kreativ wirst. Wenn die Leute erst überlegen müssen, was damit eigentlich gemeint ist, wenn sie die Wortbausteine ständig falsch zusammensetzen oder nur denken „Hä, was für ein Ding?“, dann hilft Dir das auch wieder nicht.
Aber was ich Dir hier eigentlich vermitteln möchte:
Experte ist ein Begriff von vielen – Such Dir einen passenden aus
Das Wort „Experte“ als Status ist ein Begriff, der ein ganzes Bündel an Eigenschaften zusammenfassen und symbolisieren soll. Ein einzelne Begriff, weil das einfacher ist als immer die ganzen Eigenschaften aufzuzählen und zu beschreiben.
Es gibt auch andere Begriffe, die fast das gleiche bedeuten – den Vordenker, die Mutmacherin, die Helferin.
Du kannst Dir einen Begriff aussuchen, notfalls auch einen ausdenken. Du solltest dabei nur bedenken:
- Es kommt immer darauf an, wie Du diesen Begriff mit Leben füllst. Das ist viel wichtiger als das Wort selbst.
- Deine Zielgruppe sollte sich davon angesprochen fühlen. Nicht jeder möchte zu etwas ermutigt werden oder einem Vordenker hinterherdenken. Die müssen das verstehen und positiv werten.
- Du musst Dich mit dem Begriff auch selbst wohlfühlen.
Das finde ich ganz, ganz wichtig. Wenn Du den Begriff selbst nicht magst, dann kannst Du den auch nicht überzeugend rüberbringen.
Also, such Dir einen passenden Begriff aus. Und wenn es der gute alte „Experte“ ist.
Und dann trage ihn selbstbewusst. Darauf kommt es nämlich an. Und fülle ihn natürlich entsprechend positiv mit Leben.
Wenn Du davon überzeugt bist, dass Deine Expertise etwas Positives und Reales ist, wovon auch Deine Kunden profitieren werden, dann strahlst Du das auch aus. Dann zeigst Du auch: „Ich möchte mit Menschen arbeiten, die echte Expertise suchen.
Zusammenfassung
Wenn Du als Unternehmer erfolgreich eine Personenmarke aufbauen willst, dann musst Du – auf irgendeine Weise – vermitteln, dass Du Ahnung hast von dem was Du tust, dass Du so richtig gut bist, dass Du Deiner Zielgruppe wirklich helfen kannst.
Also diesen Expertenstatus – im Sinne von traut Dir Deine Zielgruppe zu, das Du es richtig gut kannst – den benötigst Du in jedem Fall.
Ob Du diesen Status, dieses Bild was Du von Dir erzeugen möchtest, mit dem guten alten Begriff des Experten verbindest oder mit einem anderen, das ist eine zweite Frage. Das ist im Grunde die Suche nach einem Wort, was a) die passenden Informationen transportiert bzw. das passende Bild erzeugt, das b) von Deiner Zielgruppe verstanden und positiv eingeordnet wird und mit dem c) Du Dich auch identifizieren kannst.
Schreib mir mal in die Kommentare:
Magst Du Dich selbst mit dem Begriff „Experte“ identifizieren?
Siehst Du Dich überhaupt als einen? Oder hast Du für Dich einen ganz anderen Begriff gefunden?
Ich bin gespannt, wie Du das siehst. Welche Erfahrungen hast Du damit gemacht?
Ulrike Bergmann says
Hallo Dagmar,
Danke für diesen Beitrag und die verschiedenen Aspekte zue Experten-Positionierung. Ich persönlich würde mich nicht als „Expertin“ bezeichnen.
Den Grund dafür hast du indirekt genannt: Expertise (auch) etwas mit Spezialisierung zu tun. Als Generalistin habe ich ein sehr breites Spektrum an Erfahrungen und Werkzeugen, die sich in den unterschiedlichsten Situationen einsetzen lassen. Ich bin also nicht auf eine einzige oder bestimmte Vorgehensweise spezialisiert.
Daher habe ich mich vor 15 Jahren für meinen heutigen Unternehmensnamen „Die Mutmacherin“ entschieden. Damals war das noch eine einzigartige Positionierung, während sich mittlerweile gefühlt jede Dritte als Mutmacherin bezeichnet. Daher habe ich dies vor ein paar Jahren um den Fokus „für den weiblichen Erfolgs-Weg“ ergänzt.
Herzliche Grüße vom Chiemsee
Ulrike
Dagmar Recklies says
Liebe Ulrike,
Danke, dass Du Deine Erfahrungen hier teilst.
Das Wort „Experte“ ist natürlich nicht für jede und jeden die richtige Bezeichnung.
Trotzdem dürfen wir alle selbstbewusst unsere Expertise zeigen – auch in unserer Vielseitigkeit.
Viele Grüße
Dagmar