Die Hürden: Datenverfügbarkeit, Verständlichkeit, Glaubwürdigkeit
Shownotes
Immer wenn es an Unternehmensplanungen und Prognosen geht, kommen Frühindikatoren zum Einsatz.
In dieser Episode erfährst Du, warum Frühindikatoren beliebt sind, welche Voraussetzungen ein guter Indikator erfüllen sollte und wo die Probleme bei ihrer Nutzung liegen.
Teil der Podcasts zum Theme Frühindikatoren:
#97 So setzt Du Frühindikatoren richtig ein – die richtige Auswahl und gute Prognosen sind entscheidend
Praxistipps für die Arbeit mit Frühindikatoren, die wirksam Entscheidungen unterstützen
Transkript / Zusammenfassung
Heute geht es um ein Thema aus dem Bereich der Unternehmensstrategie, nämlich um Frühindikatoren. Immer wenn es an Unternehmensplanungen und Prognosen geht, kommen auch Frühindikatoren auf den Tisch.
Ich spreche heute darüber, warum die immer noch so beliebt sind, was einen guten Indikator ausmacht und wo die Probleme bei der Nutzung von Frühindikatoren liegen
Der Nutzen von Frühindikatoren
Prediction is very difficult, especially if it’s about the future.
Nils Bohr
Das ist wahrscheinlich der Hauptgrund warum Manager und Controller immer gern auf alles zugreifen, was ihre Vorhersagen ein bisschen sicherer macht.
Frühindikatoren sind dafür auf den ersten Blick prima geeignet und haben unbestrittene Vorteile:
- Frühindikatoren bringen eine gewisse Objektivität in die manchmal ziemlich unkonkreten Planungs- und Vorhersageprozesse. Das ist immer besser als eine reine Bauchschätzung.
- Sie basieren meistens auf externen Daten, idealerweise von irgendeiner Institution mit einem guten Ruf – also ein Forschungsinstitut, ein Marktforschungsunternehmen oder das statistische Bundesamt. Damit sind sie erstmal per se vertrauenswürdiger als irgendeine interne Schätzung.
- Diese externen Quelle ist auch eine perfekte Rechtfertigung, falls doch mal was schief geht: Meine Planung war tadellos. Nur der Frühindikator hat nicht funktioniert.
- Zu guter Letzt: Sie können tatsächlich funktionieren. Frühindikatoren bilden statistisch relevante Zusammenhänge zwischen zeitversetzt eintretenden Ereignissen ab. Wenn man das vorlaufende Ereignis rechtzeitig erkennt, kann man daraus tatsächlich mit einiger Sicherheit das nachlaufende Ereignis vorhersagen.
Wenn alles gut geht.
Was sind Frühindikatoren und was macht einen guten Indikator aus
An dieser Stelle noch ein kleiner Exkurs, was Frühindikatoren eigentlich sind.
Im Zusammenhang mit Unternehmensentscheidungen – und darüber reden wir ja hier – sind das ganz unterschiedliche
- Interne oder externe Variablen
- Die direkt oder indirekt wirken können
- Die einer zu planenden Unternehmensentwicklung zeitlich vorauslaufen
- Die das Unternehmen systematisch sammelt, beobachtet und analysiert
- Um auf diese Weise Entwicklungen voraussagen zu können und
- Dann rechtzeitig die richtigen Entscheidungen treffen zu können.
Solche Indikatoren und Kennzahlen gibt es erst einmal jede Menge. Aber nicht alle sind für diesen Zweck geeignet. Geeignet sind sie nämlich nur, wenn sie
- Messbar sind
- In vernünftiger Qualität und rechtzeitig zur Verfügung stehen
- Idealerweise eine lange Datenhistorie haben
- Wenn es stabile und gut überblickbare Ursache-Wirkungsbeziehungen mit dem zu prognostizierenden Wert gibt
- Wenn die Daten mit einem vernünftigen Aufwand erhoben werden können
- Und wenn sie auch jeder versteht, der an den Entscheidungsprozessen beteiligt ist.
Probleme bei Ermittlung und Anwendung von Frühindikatoren
Ein ganz großes Problem ist an der Stelle oft schon die Datenverfügbarkeit. Gerade externe Daten die von irgendwelchen Institutionen erhoben werden brauchen teilweise richtig lange. Bis die dann mal veröffentlicht sind, sind sie schon wieder ein Jahr alt oder noch älter. Dann nützen die nichts mehr, selbst wenn sei eigentlich ein toller Indikator wären.
Neben der reinen Datenverfügbarkeit gibt es aber noch mehr Stolpersteine, die man beachten sollte. Und die meisten davon sind leider nicht einfach zu lösen.
Gehen wir das mal durch:
Erster Punkt:
Es gibt – nicht erst seit heute – im Wirtschaftsleben nur sehr, sehr wenige direkte Ursache-Wirkungs-Beziehungen. Die Welt ist komplex.
Ganz viele Faktoren sind miteinander verwoben und beeinflussen sich gegenseitig. Verändert sich einer davon, kann das an ganz vielen anderen Stellen Auswirkungen haben.
Frühindikatoren sind aber auf dem Papier so nett isoliert dastehende Werte. Unsere Gehirne sind leider so getriggert, dass sie da automatisch eine einfache Ursache-Wirkung-Beziehung annehmen, die aber wahrscheinlich gar nicht da ist.
Irgendwelche Wechselwirkungen und anderen Einflussfaktoren werden da ganz schnell und ohne das überhaupt zu merken ausgeblendet.
Zweites Problem.
Die Zusammenhänge zwischen zwei Variablen sind leider nicht auf Dauer stabil. Gerade heute wo sich Geschäftsmodelle und ganze Branchen in immer kürzen Zyklen ändern kann das ganz schnell passieren. Wenn man nicht aufpasst hat der Indikator schon lange seine Vorhersagekraft verloren und keiner hat es bemerkt.
Nächstes Problem.
Es ist ja schon schwer genug, überhaupt einen passenden Indikator für ein bestimmtes Vorhersageproblem zu finden. Aber selbst wenn man ihn hat, wie sind denn dann die Werte zu interpretieren.
Es reicht ja meistens nicht aus zu sagen Indikator steigt, also steigt mein Planwert auch. Man müsste schon wissen, wie stark der steigt.
Aber wenn der Indikator um 50 % steigt, steigt der Planwert dann auch um 50 % oder nur um 20 oder sogar um 95? Oder sinkt er um 50 %?
Dann noch so ein ganz menschliches Problem.
Ich habe das tatsächlich erlebt, dass aus dem Top-Management der Wunsch nach „einem Frühindikator für unser Unternehmen“ kam.
Also „einem“ als Zahl 1 gemeint. Und es hat sich wohlgemerkt um ein Milliarden-Umsatz-Unternehmen mit mehreren Geschäftsfeldern gehandelt.
Die hätten sich schon glücklich schätzen können, wenn sie für jedes Geschäftsfeld einen einzelnen Indikator gefunden hätten. Aber für das ganze Unternehmen?
Also die Erwartungen an Frühindikatoren sind da manchmal unrealistisch hoch.
Noch ein Problem:
Frühindikatoren für Unternehmenszwecke werden von einer von zwei Arten von Leuten entwickelt.
Entweder von – ich sage mal Wissenschaftlern – also Leuten mit einem starken mathematischen und statistischen Background oder von Unternehmenspraktikern. Beides hat Vor- und Nachteile.
Stichwort Akzeptanz und Glaubwürdigkeit.
Die Indikatoren die von den Wissenschaftlern kommen sind dann auch statistisch valide. Die basieren auf ausgefeilten und komplexen statistisch-mathematischen Methoden – und sind damit leider für die allermeisten Entscheider in Unternehmen immer so ein bisschen wie eine Black Box.
So ganz hat das niemand verstanden warum der Indikator nun so wirken soll wie wir alle das annehmen.
Das kann man immer prima verwenden, wenn man die Ergebnisse anzweifeln will.
Den Indikatoren von den Unternehmenspraktikern geht es auch nicht besser. Wenn man die anzweifeln will, dann haben die eben keine wissenschaftliche Basis. Dann sind die doch eigentlich nicht mehr als ein Best Guess.
Zusammenfassung
Frühindikatoren sind ein bewährtes und beliebtes Instrument, um Unternehmensplanungen und Prognosen objektiver und sicherer zu machen. Da sie oft auf externen Daten basieren, sind sie eine sinnvolle Ergänzung zu internen Schätzungen und Erwartungen.
Dennoch haben sie Schwachpunkte. Diese dürfen beim Einsatz von Frühindikatoren nicht außer Acht gelassen werden. Die an den Entscheidungsprozessen beteiligten Personen sollten die Grenzen und Einschränkungen der verwendeten Indikatoren kennen und berücksichtigen.
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