Auch komplexe Vorhaben dürfen einen einfachen Start haben
Shownotes
Gehst Du auch manchmal ein eigentlich sinnvolles Vorhaben nicht an weil Du glaubst, dass Du erst noch das richtige System oder den richtigen Prozess oder die passende Struktur benötigst?
Diese Denkweise bremst Dich nur aus.
In dieser Episode zeige ich Dir eine bessere Denkweise, die Dich ins tun bringt. Fang besser mit einem ganz einfachen System an. So kommst Du voran und Fehler lassen sich leichter korrigieren.
Im Podcast erwähnt
Podcast #20 Komplexität – das Risiko für jedes Vorhaben
Transkript
Heute habe ich einen Praxistipp der wichtig ist für alle, die gern mal Sachen die sie eigentlich in Angriff nehmen wollen vor sich herschieben.
Es geht darum, dass wir da schnell dabei sind, für uns selbst Entschuldigungen zu finden, warum wir noch gar nicht anfangen können. Eine sehr beliebte Art von Entschuldigungen ist die, dass uns noch etwas fehlt. Nämlich das richtige System oder der richtige Prozess oder die richtige Struktur – was letztlich alles fast das Gleiche ist.
Ich möchte Dir heute einen kleinen Störgedanken in den Kopf pflanzen. Der wird sich künftig immer dann dazwischen drängeln, wenn Du mal wieder irgendwas nicht in Angriff nimmst, weil Du ja noch nicht das richtige System dafür hast. Dann hat Dein Gehirn nämlich eine Entschuldigung weniger und du hast einen Grund mehr, doch endlich anzufangen.
Ein Grund warum wir oft Dinge vor uns herschieben
In dieser Episode geht es darum, dass Du nicht erst warten sollst, bis Du für irgendwas das richtige System oder den richtigen Prozess oder die richtige Struktur hast. Lass Dich davon nicht abhalten, sondern fange an.
Das lässt sich auf viele Lebensbereiche übertragen, auch auf Projekte für Deinen Job oder Dein Business. Aber vorrangig rede ich heute über Dinge, die Du letztlich für Dich selbst tust.
Du kennst das wahrscheinlich auch und ich habe das auch schon an mir selbst beobachtet: Man möchte eigentlich irgendeine sinnvolle Routine etablieren, eine Gewohnheit aufbauen, etwas verändern – aber man geht es einfach nicht an.
Und ganz oft schiebt das Gehirn, das sich ja vor sich selbst rechtfertigen will, eine Entschuldigung vor: Mir fehlt noch das richtige System dazu.
Das sind dann Dinge wie:
- Ich würde gern mehr Notizen zu Büchern machen und damit arbeiten.
Aber ich muss mich erst noch für eine technische Grundlage entscheiden und ein Ordnungssystem entwickeln. - Ich würde gern ein Journal führen.
Aber ich habe noch keine Vorlage gefunden, die mich wirklich anspricht. - Ich würde gern mehr Sport machen / gesünder essen / mehr Zeit für … haben.
Aber ich brauche noch einen Plan, wie ich das in meinen Alltag integriere.
Es gibt Leute, die gern ihr Wissen oder ihr Fotoarchiv das ungeordnet auf ihrer Festplatte rumliegt oder ihre Rezeptesammlung oder ihre Erkenntnisse aus den vielen Büchern die sie gelesen haben, die sowas liebend gern mal systematisch erfassen und katalogisieren würden. Damit sie es an einer Stelle haben. Damit sie schneller finden was sie suchen. Damit sie überhaupt erstmal wieder einen Überblick bekommen, was sie überhaupt schon haben.
Aber sie tun es nicht, weil sie erst noch gefühlte 1000 Entscheidungen treffen müssen. Zum Beispiel
- Welche technische Basis sie verwenden wollen – also welche Software oder welchen Dienstleister oder ob sie eine Cloudlösung wollen oder doch lieber was Lokales und ob sie dafür Geld ausgeben wollen oder nur eine Freewarelösung und wieviel Einarbeitungszeit sie eigentlich bereit sind zu investieren.
Da müsste man mal eine richtige Recherche machen, was es so alles gibt. - Oder nach welchem System sie kategorisieren und sortieren wollen – welche Ordnerstruktur, welche Schlagworte, eher mehr oder doch weniger und soll es Doppelzuordnungen geben oder nicht
- Und wie wollen sie das dann eigentlich in dieses System reinbekommen und ordentlich verschlagworten?
Die negativen Folgen der Suche nach dem perfekte System
Du siehst schon, man kann vor das eigentliche Vorhaben noch ganz leicht ein neues Vorhaben davorschieben: nämlich das Planungs- und Entscheidungsvorhaben. Dann hast Du plötzlich schon zwei Vorhaben.
Daraus entstehen gleich mehrere Probleme:
- Du fängst nicht an und kommst nicht voran.
- Das fühlt sich schlecht an. Du wolltest doch schon so lange und hast immer noch nicht.
Es entsteht ein negatives Selbstbild oder ein negativer Glaubenssatz. Beide können Dich künftig noch weiter ausbremsen. - Du hast statt einem Vorhaben jetzt 2 Vorhaben – diese Planungsphase ist dazugekommen.
Das erhöht nicht die Chancen, dass Du endlich mal in die Umsetzung kommst. - Dein Gehirn lernt, dass es da einen wunderbaren Weg gefunden hat, sich vor unangenehmen neuen Aufgaben zu drücken.
Du darfst nicht vergessen, für Dein Gehirn sind neue Aufgaben erstmal per se unangenehm.
Die Denkweise die Dich trotzdem ins Tun bringt
Wenn Du Dich darin jetzt wiedererkennst, dann habe ich jetzt einen ganz simplen Trick für Dich.
Fang mit der minimal möglichen Struktur an. Aber fang an.
- Dein Fotoarchiv und Deine Buchnotizen brauchen nicht von Anfang an das perfekte Schlagwortsystem. Die müssen sich erstmal überhaupt an einem gemeinsamen Platz einfinden und sich ein klein wenig zusammensortieren.
- Wenn Du gesünder essen willst, musst du nicht gleich deine gesamte Ernährung umstellen samt Wochen-Einkaufsplan und anderen Kochrezepten. Vielleicht kannst Du zum Start mal einen ungesunden Snack durch einen gesunden ersetzen. Oder mal testweise an einem Wochenende anders kochen.
Also fang an mit ganz wenig System und Struktur. So ein kleiner Schritt, der lässt sich meistens doch leichter umsetzen. Und damit kommst du aus dieser Problemsicht, die wir vorhin hatten, in eine Vorteilssicht:
- Du hast ein Erfolgserlebnis. Du hast endlich mal angefangen
- Du fängst an. Erfahrungen zu sammeln. Du findest heraus, was für Dich funktioniert und was nicht.
Wenn Du ein perfektes System vorher quasi auf dem Reißbrett planen willst, dann kommt mit einiger Wahrscheinlichkeit etwas dabei heraus, was an irgendeiner Ecke gar nicht richtig funktioniert. Es ist zu kompliziert, zu ambitioniert, zu irgendwas.
Ich hatte dazu schon einmal einen Podcast gemacht. Das Ganze nennt sich Galls Law und besagt, dass funktionierende komplexe Systeme nie als komplexes System entstanden sind, sondern immer aus einem funktionierenden einfachen System hervorgegangen sind. (Hier geht es zum Podcast #20 Komplexität – das Risiko für jedes Vorhaben)
Wenn Du erst einmal mit einem ganz einfachen System anfängst und damit eine Weile arbeitest, dann wirst Du merken, dass sich die für dich passenden Strukturen im Laufe der Zeit fast von selbst ergeben. Dann veränderst Du hier etwas und lässt da etwas weg was sich doch nicht bewährt und fügst dafür woanders noch etwas an.
Du merkst dann schon was Du brauchst und was nicht.
Falls sich ergibt, dass dein Ansatz doch nicht so ganz der richtige war, dann macht das auch nichts. Dann fängst Du eben nochmal bei null an. Das ist nicht schlimm, weil Du ja bisher noch gar nicht so viel Zeit und Energie investiert hattest.
Du hast dadurch nicht dieses Sunk-Cost-Dilemma und es fällt Dir mental einfach leichter, nochmal neu zu starten.
Dieser Neustart fällt dann auch gar nicht mehr so schwer wie der erste Start. Du kannst ja schon mit den Erfahrungen aus Runde 1 arbeiten. Das fühlt sich für Dein Gehirn gar nicht mehr so neu an und es macht dann auch bereitwilliger mit.
Zusammenfassung – Warte nicht auf das perfekte System sondern beginne mit einem ganz einfachen
Ich hatte Dir am Anfang einen Störgedanken versprochen. der sich ab jetzt hoffentlich immer bei dir zu Wort meldet, wenn Du mal wieder ein an sich sinnvolles Vorhaben vor Dir herschiebst.
Die Entschuldigung „Ich brauche erst noch ein System oder einen Prozess oder einen Zeitplan oder irgendeine Struktur“ – die gilt ab jetzt nicht mehr.
Alles was du brauchst ist ein Minimalsystem. So einfach wie möglich. So einfach, dass Du am besten jetzt gleich damit loslegen kannst.
Und dann fängst Du an und dann wirst Du ja sehen was passiert.
Entweder Du hast grundsätzlich einen passenden Ansatz gefunden, dann wird er sich im Laufe der Zeit fast von selbst weiterentwickeln.
Oder es passt noch nicht. Dann kannst du aber schnell wieder auf null zurückgehen und mit einem anderen ganz einfachen Ansatz nochmal starten. Dabei verlierst Du fast nichts. Stattdessen hast Du immerhin schon mal ein paar Erfahrungen gesammelt.
Was wirklich eine ganz dumme Strategie wäre, das ist von vornherein gleich Dein perfektes System entwerfen zu wollen. Das führt mit einer ziemlich hohen Wahrscheinlichkeit zu etwas, das sowieso nicht richtig funktioniert.
Eigene Wege entstehen ja bekanntlich auch erst beim Gehen.
Und damit habe ich Dir nun hoffentlich für immer einen kleinen Störer in den Kopf gepflanzt, der Dich ein bisschen schneller und einfacher an neue Vorhaben heranbringt. Leg erstmal los.
Monika says
Liebe Dagmar
Ich sitze hier und grinse über mein ganzes Gesicht. Warum? Ich erkenne mich zu 100 % in Deinen Worten wieder.😉
Weil ich mich genau an der Stelle, wo es an die Umsetzung eines Projektes oder einer Idee geht, immer wieder selbst ausbremse.
„Es ist noch nicht gut genug. Ich muss erst noch blablabla machen, und dann kommt ja auch noch wasweissich. Ach nee, Aufschieberitis erster Klasse. Ja, darin bin ich gut. Ich nenne es meinen „inneren Nörgler“. Immer hat er was zu meckern. Nie ist etwas gut genug.
Habe ich gerade wieder erlebt, als ich ein Projekt umsetzen wollte. Aber ich habe es geschafft dranzubleiben und umzusetzen. Na ja, ich habe mich unterstützen lassen durch einen Coach, und ich habe meinen Nörgler durch Zückerchen bei Laune gehalten.
Wir hören es immer wieder, und „eigentlich“ wissen wir ganz genau, dass wir uns selbst ausbremsen. Alles nur im Kopf, der Säbelzahntiger wird nicht vor der Tür stehen😉 Aber wenn wir das schon verstanden und verinnerlicht hätten, dann gäbe es ja kein Problem. Da das leider nicht so ist, können wir es nicht oft genug hören und lesen. Steter Tropfen höhlt den Stein.
Vielen Dank für Deinen super Podcast, liebe Dagmar.
Herzlich
Monika
Dagmar Recklies says
Liebe Monika,
vielen, vielen Dank für Deinen ausführlichen und humorvollen Kommentar.
Freut mich, dass ich genau getroffen habe. Ich kenne das Problem ja schließlich auch aus eigenem Erleben. Aber ich arbeite an mir und werde besser 🙂
Dagmar